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Neugierig waren die vielen Besucher – darunter natürlich viele politische Freunde - vor allem auf Kurt Beck, Ministerpräsident a.D. den besonderen Gast des Abends zur „Buchlese“ der Stadtbücherei Hagenbach am 15.
Oktober 2014. Im Rahmen der bundesweiten Aktion „Treffpunkt Bibliothek“ wechselten sich Lesung und Musik, garniert mit Häppchen von Heinz Erhardt und vom Partyservice Susi Kropp.
Auch ohne das hohe Amt
bleibt Kurt Beck noch ganz der Politprofi, souverän geht er auf die Menschen zu, hier ein Lächeln, dort ein Händedruck und trotz 65 Jahre scheint er noch keine Ruhe zu kennen. Vormittags noch in Prag, nachts wieder
in Mainz und dazwischen in Hagenbach, da zeigte sich natürlich der Programmchef, der etwas Hektik in die Veranstaltung brachte. Dafür begleitete seine Lesung aus seiner Biografie und Erzählung Mucksmäuschenstille.
Denn was er aus seiner Kinderzeit aus dem zerstörten armen Steinfeld der Nachkriegszeit vorlas, machte die Zuhörer nachdenklich. Ständige Arbeit auch der Kinder begleitete das tägliche Leben und man konnte gut
nachfühlen, dass Klein-Kurt die pappigen nassen Arme samt Schnakenbissen beim Heidelbeerpflücken gar nicht gefielen. Noch viel schlimmer war aber die Ausgrenzung durch eine Hautkrankheit, die er erlebte. Kein
Messdiener sein dürfen, bei Gleichaltrigen nicht anerkannt sein, man fragte sich, wie aus solch negativen Kindheitserlebnissen so viel Energie und Tatkraft werden konnte. Es wurde bei ihm wohl sozialer Antrieb
seines politischen Denkens und Handelns. Er selbst begründet damit seinen Gerechtigkeitssinnes und seiner Anstrengung, kranken und älteren Menschen jederzeit gesellschaftliche Teilhabe zu ermöglichen.
Auch
wenn in letzter Zeit viele kritische Stimmen rund um seine Aktivitäten beim Nürburgring und seinen plötzlichen Abgang laut wurden, an diesem Abend galten ihm die Sympathien des Publikums, noch ergänzt durch Heidrun
Paulus‘ „musikalische Hommage“. „Ein kleiner Misston, das war der Nürburgring“, verkündete die Hagenbacher Musikerin und Komponistin mutig an „König Kurt“, der er aber nicht sein wollte. „Ich denke, ich wäre früher
erster Sänftenträger gewesen“. Und noch eine zweite Welturaufführung erklang – die zarte hell klingende Flöte von Heidrun hielt Zwiesprache mit der mystisch schwingenden Didgeridoo von Bruno Wagenseil aus
Scheibenhardt. Für einen Pfälzer Ureinwohner war das Instrument der australischen Ureinwohner der passende Klang, naturverbunden, erdig, voluminös. Und weil es weder bei Mozart, Haydn oder Bach passende Literatur
gab, komponierte kurz entschlossen Heidrun Paulus. Weiterer Lese-Gast des Abends war Katharina Paulus aus Nordhessen, die aus ihrem Buch „Schwarze Butter“ Erzählungen vortrug, die sie für ihre Enkel aufgeschrieben
hatte. Auch sie beschreibt, wie Beck, Lebensdarstellung, die weit über das individuelle Erleben hinaus – es ein Spiegel einer armen aber nicht unbedingt unglücklichen Zeit sind, wie es viele unter uns noch erlebt
haben oder vom Erzählen kennen. Dass es uns heute so gut geht, kann immer mal Anknüpfungspunkt sein über frühere und heutige Lebensverhältnisse nachzudenken – wobei ein bestimmtes Maß Bescheidenheit und
Zufriedenheit nicht schaden. Die Herbstveranstaltung der Stadtbücherei soll eine Plattform für Menschen der Region sein, ein Raum für Begegnungen der Talente. Leider gab es bei den netten Plaudereien am Ende keinen
Kurt Beck mehr, da er das Forum schon wieder verlassen hatte. Dafür reimte zum Schluss noch Heinz Erhardt- zum Beispiel: „Ich glaube, manche junge Frau die würd vor Glück zerspringen - würd ihr der Klapperstorch zum
Kind - auch gleich den Vater bringen“. Alle Verse sind nachzulesen in der Stadtbücherei Hagenbach.
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